angefangen hat das alles im winter 94/95 als purzelkatze unbedingt in den garten wollte, es draußen aber eiskalt war und sie nicht raus durfte.
also hat sie sich hinter die gartentür gesetzt und raus geguckt.
da war aber nichts los im garten.
gelegentlich flogen weit oben über dem hausdach ein paar Krähen richtung Tiergarten, oder es saßen immer wieder mal ein oder zwei Amseln auf einem der pfeilerenden oder auf der regenrinne.
das waren dann echte herausforderungen für die kleine pitbullkatze.
sie geckerte wie verrückt und lief an den fensterinnenseiten entlang, ging dabei auch hinter die bodentiefen Jalousien, und versuchte die scheiben aufzukratzen.
kaum waren die vögel außer sichtweite lag die kleine schwabbeltante wieder da und langweilte sich.
so kam es, dass ich überlegte einen futterplatz für die piepmätze einzurichten.
der kam nun nicht nur den vögeln zugute, sondern auch der purzelkatze.
die hatte – von dem augenblick an als die vögel die futterstelle entdeckten und zahlreich anflatterten – den ganzen tag mächtig zu tun.
anfangs hatten wir sorge sie könnte irre werden.
aber auch das beruhigte sich und sie lag dann mehrheitlich ruhig, aber durchaus wachsam und beobachtend, hinter der tür.

die piepmätze ihrerseits hatten schnell raus, dass purzel hinter der scheibe, und sie davor waren.
und so ging es damals schon los mit den frechen piepmätzen im garten.
bald schon flatterten sie provokativ im tiefflug auf der außenseite der tür über die terrasse.
sie hüpften auf dem boden keck auf die tür zu, und schienen sich zu wundern dass da gar keine katze hinter der türe ist.
das wiederum war tarnung.
purzelkatze lag ausgestreckt, mit dem kopf zwischen den vorderpfoten auf dem boden und döste vor sich hin.
mal mehr mal weniger waren ihre ohren aufgestellt und die augen offen.
ich habe nie herausgefunden nach welchen kritierien sie entschied doch urplötzlich mit ihrer katzenfratze den piepmätzen angst einjagen zu müssen.
bereits nur kurze zeit nachdem das vogelvolk zu tode erschreckt mit lautem schimpfen davonflog, kam es wieder.
und es war ihnen dann auch egal dass purzelkatze sich aufrecht sitzend in ordentlich versammelter position hinter der scheibe befand.

was wiederum die katze in rage brachte. – jedenfalls am anfang. später dann ließ sie sich nicht mehr von den piepmätzen anmachen, sondern zog, ziemlich beleidigt ob deren unverschämtheiten, ab.

diese einrichtung wurde hier von uns als das purzelkino für die winterzeit bezeichnet und wir hatten wirklich alle unseren spaß daran.

von januar bis august 2000 waren wir katzenlos.
ich hatte im frühjahr zwei brutkästen aufgehängt, und die wurden auch prima angenommen und es wuchsen kleine Meisenschreihälse heran.
da sie in meinem kleinen topfgarten ihre ersten blicke in die welt taten, blieben sie mir auch später als gartengehilfen in sachen unerwünschter insekten treu.
ich musste -draußen- noch nie wirklich mit chemie gegen irgendetwas ankämpfen.

2000

schon gleich nach seinem einzug ging diese besondere beziehung zwischen dem kater und den in der wilhelmstraße ansässigen piepmätzen los.

sie war immer irgendwie sehr einseitig.

allerdings von drei seiten aus.

die eine seite sind die piepmätze,
die andere der kater
und die dritte seite dabei bin ich.

damals standen noch drei große holzpflanzkästen vorne am balkongitter der terrasse.
am westlichen gitterende, also an der trennwand zur nachbarterrasse, war, und ist immer noch, die vogeltränke platziert.

der kater entdeckte den garten mit großem staunen und großer freude.
vor allem sprungfreude.
das wiederum machte mich ziemlich nervös.
denn für den balkon hatten wir ein katzennetz angebracht, aber hier im garten hatte ich keine möglichkeit über die mehr als vier meter breite terrasse oberhalb des ballustradengitters ein netz zu befestigen.

ok, training war das zauberwort.

wir trainierten also gemeinsam, der kater und ich, dass er nicht auf die kästen springen dürfe und von dort auf die eingehängten blumenkästen um dort gemütlich spazieren zu gehen, bzw sich vor der vogeltränke mitten in meinem hornkraut auf die lauer zu legen.

die losung war:
“du sollst n.i.c.h.t. die piepmätzchen ärgern, wenn d.u. n.i.c.h.t. hörst, kommst du rein.“

also kam und ging ich im zehnminutentakt exakt mit kurzeituhr gestoppt ( ich kenn da nix) auf die terrasse zur kontrolle.
mußte ich ihn vor der vogeltränke einsammeln, ging es rein, türe zu.
peng.
und natürlich immer der gleiche spruch dazu; “du sollst n.i.c.h.t. die piepmätzchen ärgern, wenn du nicht hörst kommst du rein.“

bis ende september waren wir immerhin schon soweit, dass er sich sofort von seinem unerlaubten hochsitz begab, sobald er mich nur kommen hörte.
es kam der winter, und mit ihm die futterkrippe.
und ein kater hinter der gartentüre der sich fast nicht mehr einkriegen konnte.
allerdings war sein meckern an mich gerichtet, ich möge doch gefälligst die türe öffnen
„nein schatziputzi es ist winter und da gehört der garten den piepmätzen. die dürfen da draußen sein.“
bald hatte auch er an dem purzelkino gefallen gefunden, und fand sich mehrmals zur tageszeit hinter der türe ein, in ordentlich versammelter aufrechter position sitzend.
was nach kurzer zeit den piepmätzen aber völlig egal war ob sie ihn da nun sahen oder nicht. sie tummelten sich fröhlich auf der terrasse.

im nächsten frühjahr konnte unser training also weitergehen. zunächst schien es als wenn der kater vergessen hätte was er nicht dürfe.
aber es war wohl mehr seine vermutung ich hätte vergessen was er nicht dürfe.

nach zweimaligem reintragen und türe zu, war es abgegessen.

es gab nur noch seltene versuche verbotenerweise auf den blumenkästen spazieren zu gehen und/oder sich vor der vogeltränke auf die lauer zu legen.
dafür lag er jetzt unterhalb der vogeltränke auf der lauer.
was aber die spatzen nicht hinderte zu fünft zu baden und ihn ordentlich nass zu spritzen, was wiederum zu seinem fluchtartigem verlassen führte woraufhin die spatzenschar katapultartig senkrecht in die höhe startete.
glücklicherweise sind piepmätze aber von einer pfiffigen schlauheit was das ausspionieren von in der gegend herumliegenden katern angeht.
teilweise beschimpften sie ihn dermaßen laut und bedrohlich und anhaltend, dass er sich entnervt von seinem lauerplatz verzog.

so gingen die sommer und winter 2001-2003 vorbei.
im sommer 2004 wurde die totalsanierung der terrasse (durch die hausverwaltung) angekündigt. das hieß im klartext: abbau aller vorhandenen pflanzgefäße und sonstiger aufbauten.
schatziputzi betrachtete dieses vorgehen mit fassungslosem unverständnis.
auf der im november notdürftig -und völlig chaotisch- wieder beräumten terrasse bekamen auch im winter2004/ 2005 die piepmätze ihren futterständer.
da der terrassenabriß einen tiefen schock in schatziputzi ausgelöst hatte, interessierte ihn dieser chaos-winter-garten, samt der piepmätze, absolut nicht.

2005 konnten wir erst im mai mit dem wieder-neu-und umbau der terrasse beginnen:
auch diese zeit betrachtete er als persönliche beleidigung.
schließlich bauten wir die pflanzkästen am gitter nicht wieder auf.
nicht mal was ähnliches.
es gibt 31 fotos in diesem jahr von ihm – davon sind ganze 23 gartenbilder an nur sechs verschiedenen gartentagen.
das sagt ja schon fast alles.
aber dann kam der winter 2005 und ein ordentliches purzelkino in einer ordentlichen umgebung.
drinnen saß zunächst ein ziemlich gelangweilter kater hinter der gartentür.
bis zu dem tag als mäuse über die terrasse huschten.
hah, das war doch was.
aber auch an die kam er nicht ran, weil: „nein, schatziputzi es ist winter und da gehört der garten den piepmätzen. die dürfen da draußen sein. – und ich will auch keine mäuse in der wohnung“
jedenfalls befand er ab dem zeitpunkt das gelegentliche gucken in den vogelgarten als äußerst notwendig.

im ersten jahr gab es hier Distelfinken, ein wunderschöner bunter vogel den ich bis dahin noch niemals in der freien natur gesehen hatte. mit der bebauung der brachfläche (zu einem öffentlichem spielplatz) nebenan verschwanden sie. zurück blieben Kohl-und Blaumeisen, Grünfinken, Amseln, Drosseln, Stare, in der winterzeit kam dann immer ein einsames Rotkehlchen dazu.

aber plötzlich saß da ein vogel der erheblich größer war, von hinten, mit kopf nach unten, dem körperbau einer Taube nicht unähnlich, aber länger.
der machte sich in der ecke am efeutopf neben der schuppentüre zu schaffen.
ich ahnte, dass es ein greifvogel sein müsste, er ist beringt.
als er sich plötzlich umdreht und fluchtartig nach oben weggfliegt, kann ich mehr von seinem gefieder sehen.
die IN recherche ergibt: ein Turmfalke
er hatte wohl eine maus erspäht. weil es frostig war, wird es draußen nicht allzu viel freilaufende mäuse gegeben haben, und diesen leckerbissen wollte er sich hier auf der terrasse wohl nicht entgehen lassen. pech für ihn; die mausis konnten sich gut vor ihm verstecken, und er kam auch nicht wieder.

im sommer 2006 sah ich dann erstmalig diese beiden frechen Meisen, eine Kohl- und eine Blaumeise.
das besonders freche an denen ist tatsächlich gewesen, dass sie unbedingt russisches roulette mit dem kater spielen wollten.
anders lässt es sich nicht erklären, dass sie beide, abwechselnd, in der forsythie herumturnten um dann mit einem hüpfer auf die rohrkolben im wasserbecken zu springen und dort an den kolben herabgleitend in die sumpflandschaft einzutauchen und genüsslich zu baden, dabei zu zwitschern und herumzuspritzen dass es eine wonne war ihnen zuzugucken.
die wonne war durchaus auch beim kater.
der lag des öfteren nur wenige pfotenlängen entfernt auf dem tisch.
jetzt bewies sich das konsequente training.
wie durch ein kleines wunder – manchmal auch dank meiner direkten konsequenten wiederholten ansage „du sollst n.i.c.h.t. die piepmätzchen ärgern, wenn du nicht hörst kommst du rein“, ging das den ganzen sommer gut.
im winter turnten die beiden – und es waren immer nur diese beiden – dann weiter fröhlich an den rohrkolben herum.

2007 tauchte die freche Blaumeise wieder auf (die freche Kohlmeise wurde nicht wieder identifiziert), sie turnte zielstrebig in der forsythie nach unten, lugte in das wasserbecken und nahm fröhlich ein bad.
im laufe des sommers machte sie sich einen spaß daraus über den auf dem stuhl schlafendem kater hinweg auf den flieder zu fliegen, und direkt über ihm mit hin und her wackelndem köpfchen auf ihn einzureden.
erstaunlicherweise ging auch das den ganzen sommer und herbst gut.
und schon da hatte ich den verdacht: sie hat sich in den kater verguckt.

2008 war nicht viel anderes zwischen dem kater und den piepmätzen als auch schon in den jahren davor.
ich könnte lediglich dem alten kater eine gewisse trägheit und/oder abgeklärtheit in puncto piepmatzjagd attestieren.
dennoch blieb der standardsatz auch jetzt noch im einsatz. er wird konsequent beim öffnen der gartentür aufgesagt.

2009 trat dann diese furchtbare vogelvirusinfektion auf, und wir sahen im sommer immer weniger vögel an der tränke oder im bad.
ich bemühte mich, nach rücksprache mit der Täin, täglich den vögeln ein hygienisches vogelbad anzubieten.
die kleine vogelschar die jetzt noch unterwegs war und bei mir auftauchte verringerte sich wenig.
allerdings sahen wir nicht einen Grünfinken.

2010 war ein sehr vogelarmes frühjahr.
zuerst haben sie teilweise schon ende februar balzgesänge losgelassen, aber zur eigentlichen balzzeit war es dann entsetzlich ruhig.
es gab kein morgengezwitscher.
auch zwischen mai und september, war kaum ein abendgesang zu hören.
weder die freche Blaumeise noch einen einzigen Grünfinken gab es zu sehen.

traurig guckte ich anfang oktober an den himmel wo sich Wildgänse auf dem weg nach süden befanden und dachte, wir werden wohl keine so schöne zwitscherzeit mehr hier erleben, die virusinfektion hat zu viele weggerafft.

ein einsames amselmännchen war in letzter zeit auszumachen – der würde sich rund und fett futtern können am weißdorn.
aber auch in diesem jahr fiel wieder eine kleinere schar dieser sibirischen drosseln hier ein und fraß innerhalb weniger tage die weißdorne kahl.
naja, ein trost im grunde, es sind ja sowieso nur noch eine handvoll vögel hier.
spatzen hatte ich zu dem zeitpunkt seit wochen weder gesehen noch gehört.
das machte mich wirklich sehr traurig.

und als ich hier im November am tisch sitze, fällt mir doch auf, wie in der Hainbuche vor dem WiGa eine freche kleine Meise hin und her hüpft, sich fast den hals verrenkt um um die ecke auf den balkon gucken zu können.
kurz darauf flattert sie von der Hainbuche mit lautem gezwitscher direkt auf den balkon.
ich kann sie nicht sehen, und vermute sie will sich eines der dort abgestellten vogelhäuser näher begucken.
als ich von der innenseite des balkonfensters rausgucke scheuche ich sie unbeabsichtigt auf und sie fliegt schimpfend davon.
ich habe aber nicht mitbekommen wo sie nun wirklich saß.

kurz darauf erscheint sie wieder an der Hainbuche, guckt zunächst richtung kater-fensterplatz, dann auf den balkon und als sie ihn nicht entdecken kann, fliegt sie schimpfend davon.
das geht tagelang so.
zwei oder dreimal liegt Schatziputzi auf seinem fensterplatz als sie in der Hainbuche landet.
daraufhin fliegt sie jedes mal steil von dort vor seiner nase vorbei, nach oben weg, ohne schimpfen.

ein paar tage später, ich denke noch, die kleine Meise aus der Hainbuche habe ich ja schon lange nicht mehr gesehen, und gucke durch den WiGa auf den balkon, da wo mein Schatziputzi auf der/unserer liege liegt, glaube ich im augenwinkel einen schatten flattern gesehen zu haben . . .
das katzennetz hängt doch unten, der kater liegt auf der liege . . . was soll denn das für ein kamikazeflieger sein?
als ich gucken gehe, sitzt sie im winterlich dicht mit tannengrün ausgestecktem blumenkasten und guckt mich fröhlich an.
jetzt kann ich endlich erkennen dass es wirklich eine Blaumeise ist.

am nächsten tag: gleiche stelle, gleicher ort und fast die selbe konstellation, schatziputzi auf der liege . . . da flattert doch tatsächlich eine Meise über ihn hinweg, krallt sich am gummi des oberen fensterrahmenteiles fest, guckt unter sich, auf den kater – der völlig perplex und mit offenem mund dort wie angekettet sitzt – macht eine kehrtwendung und fliegt schimpfend vom balkon in die Hainbuche.

nur ein, zwei, tage später, als ich gerade mit der TÄin telefoniere und richtung balkonfenster dabei gehe, weil ich mal gucken will wo der kater steckt (über den wir uns so viele gedanken machen und beratschlagen), da sitzt diese oberfreche kleine Blaumeise auf dem balkontisch und guckt in alle schüsseln und töpfe die da so stehen, und gerade als ich das der TÄin schildere wie zutraulich die auch ist, weil ich ja immerhin auf der anderen seite des fensters stehe, da hüpft sie doch auf die stuhllehne vom katerstühlchen, guckt links und rechts nach unten, vor sich – zu mir hin, da wo die katertonne steht, und er durchaus in letzter zeit auch mal wieder gelegen hat.
das muß sie wissen, sie sucht ihn.
sie hüpft auf das andere ende der lehne und guckt ganz genau nach vorne unten, auf die katertreppe . . . aber auch dort ist der kater nicht, und sie zieht laut schimpfend ab
kurz darauf kommt sie im garten um die ecke.
zuerst guckt sie ob er hinter der tür sitzt, dann flattert sie unterhalb der tischplatte vor seinem plätzchen rum.
sie sucht ihn.
denn jetzt flattert sie auf die querstange der gartenschaukel und guckt zielgerichtet ins schlafzimmer zuerst nach unten ob er dort auf dem boden liegt, dann aufs bett.
ich fasse es nicht.
sie kennt sich hier sehr gut aus.
und sie muß den kater lieben, würde sie ihn sonst so zielgerichtet suchen ?

heute kam sie wieder erst auf dem balkon, dann um die ecke im garten auf der querstange der gartenschaukel nach ihm gucken

ich bin gespannt wie diese Meisenliebesgeschichte weitergeht.